Die traditionelle Thai-Massage ) ist eine Massage-Technik, die in Thailand unter der thailändischen Bezeichnung Nuad Phaen Boran (Thai: นวดแผนโบราณ) bekannt ist, was so viel bedeutet wie „uralte heilsame Berührung“. Im westeuropäischen Raum nennt sie sich auch Thai-Yoga-Massage. Die Thai-Massage besteht aus passiven, dem Yoga entnommenen Streckpositionen und Dehnbewegungen, Gelenkmobilisationen und Druckpunktmassagen. Zehn ausgewählte Energielinien (Thai: สิบเส้น - sip sen), die nach ayurvedischer Lehre den Körper als energetisches Netz durchziehen, werden über sanfte Dehnung und mit dem rhythmischen Druck von Handballen, Daumen, Knien, Ellenbogen und Füßen bearbeitet. Die Thai-Massage findet bekleidet auf einer Bodenmatte statt.
Geschichte und Herkunft
Die Yogaelemente (Fisch, Pflug, Brücke, Zange etc.) der Thai-Massage und die Terminologien verweisen auf einen indischen Ursprung. Die Urheberschaft der Thai-Massage wird dem nordindischen Arzt Jīvaka-Komārabhacca (andere Schreibweise: Jivakar Kumar Bhaccha) zugerechnet. Noch heute wird er in Thailand als „Vater der Medizin“ verehrt und in einer Andacht (thai: Wai Khru - ไหว้ครู) zu Beginn der Thai- Massage erwähnt („Om Namo Jivago..“).
Jīvaka-Komārabhacca war Zeitgenosse Buddhas und hat im 5. Jahrhundert v. Chr. in Indien gelebt. Im Pali-Kanon, den alten Schriften des Buddhismus der südlichen Schule desTheravada, wird er als Leibarzt des indischen Magadha-Königs Bimbisara genannt. König Bimbisara war dem Buddha verbunden und suchte ihn wiederholt auf. Auch Jīvaka-Komārabhacca stand in Kontakt zu Buddha und hat ihn und seine Mönchsgemeinde ärztlich betreut.
Die Thai-Massage muss in einem Zirkel von Mönchen, die von Indien nach Myanmar übersiedelten, in Südostasien überliefert worden sein – vermutlich über viele Jahrhunderte zunächst mündlich in buddhistischen Tempeln.
Da das Wissen um diese Massagekunst vermutlich mit dem Buddhismus den indischen Kontinent verlassen hat, wird sie in Indien heute nicht praktiziert. Die dort verbreiteten Techniken sind als indische Yogamassage oder ayurvedische Massage bekannt. Es ist denkbar, dass in Siam bereits Massageformen existierten, die sich mit der neuen Lehre mischten, und es ist auch nicht auszuschließen, dass im Laufe der Jahrhunderte über Handelsbeziehungen zu China die traditionelle chinesische Medizin Einfluss auf die Methode gewonnen hat.
Die traditionelle Thai-Massage ist auch in ihrer heutigen Praxis dem Buddhismus verbunden. Sie wird mit Metta (im südlichen Buddhismus gebräuchlicher Begriff für liebende Güte) angewandt. Die Meister sind in der Regel tief religiöse Menschen, die die Massage im Zustand der Achtsamkeit, des Gleichmuts, des Mitgefühls und der anteilnehmenden Freude ausführen.
Wirkungsweise
nach traditionell asiatischer Lehre
Fundament der Thai-Massage ist das ayurvedische System der 72.000 Energielinien (nadis), von denen in der Thai-Massage zehn (sip sen - สิบเส้น) bearbeitet werden. Über diese Energielinien, auf denen die sogenannten Marmapunkte (Energiepunkte) liegen (im japanischen Shiatsu als Akupressurpunkte bekannt), wird der Mensch nach aryurvedischer Lehre mit Prana (Lebensenergie) versorgt. Prana kann dem Körper über die Atmung zugeführt werden. In den Dehnpositionen der Thai-Massage verbraucht die Muskulatur Sauerstoff und der Mensch wird angeregt, tiefer zu atmen. Intensive Druckmassagen bewirken ebenfalls eine verstärkte Atmung. Ein tiefer Atem fördert Entspannung und Regeneration (vermehrtes Prana). In der Lehre der Thaimassage korrespondiert der Druck auf bestimmte Marmapunkte und Energielinien mit der Linderung unter anderem folgender körperlicher Leiden:
- Kopfschmerzen
- Verspannungen - Muskelverspannungen
- Gelenksteifigkeit – beginnende Arthrose
- Nach Sportverletzungen zur Regeneration
- Linderung von Wechseljahresbeschwerden
- Kinder ADHS
- Konzentrationsstörungen
- Übelkeit
- Verstopfung
- Durchfall
- Ohrensausen (Tinnitus)
- Schlafstörungen
- Schock - Ängste
- Husten - Asthma
- Knieschmerzen
- Hüftgelenksschmerzen
- Rückenschmerzen
- Schwindel
- Druckpunktmassagen regen die Blutzirkulation an.
- In der Dehnung kann die Muskulatur entspannen.
- Yogapositionen beeinflussen das muskuloskelettares System und wirken sich auf die Körperhaltung aus.
- Twists, Beugungen und Streckungen der Wirbelsäule können durch Zug intensiviert werden und haben einen Effekt auf die körperliche Beweglichkeit.
- Positionen, in denen die Beine angehoben werden, fördern die Durchblutung und den Lymphfluss.
- Die Rotation der Gelenke trägt zur Produktion von Synovialflüssigkeit und damit zu körperlicher Geschmeidigkeit bei.
- In der Tiefenentspannung wird der Parasympathikus aktiviert, sodass die inneren Organe vermehrt durchblutet und der Stoffwechsel angeregt werden.
- Achtsame Berührung kann körperliches Wohlbefinden auslösen, und Hebetechniken können zu einem Gefühl der Geborgenheit führen.
Verbreitung
In Thailand ist die Thai-Massage selbstverständlicher Teil des Alltags. Sie wird im familiären Umfeld oder von örtlichen Meistern zur Gesundheitsvorsorge praktiziert.
- Zur Regeneration findet sie in Krankenhäusern Anwendung.
- In meist abgewandelter Form wird sie in der Tourismusbranche angeboten.
Seit den 1990er Jahren wird die traditionelle Thai-Massage bzw. Thai-Yoga-Massage auch im Westen gelehrt und verbreitet. Asokananda (Harald Brust, 1955–2005) war einer der ersten Europäer, der die Thai-Massage über die Grenzen Thailands hinaus bekannt machte und international Lehrer ausbildete. In Deutschland wird die Thai-Massage in Yogazentren, Spas, Spa-Hotels und Privatpraxen ausgeübt.